Infogespräch zum Baugebiet Neustockau in Reichertshofen - Ortsgruppe Reichertshofen/Baar-Ebenhausen/Pörnbach
„Wir haben das aktuelle Hochwasserereignis zum Anlass genommen für diesen Termin, denn diese Fläche diente am ersten Juni Wochenende als Retentionsraum und stand noch Wochen danach unter Wasser“, führte Bettina Markl, Vorsitzende der Ortsgruppe Baar-Ebenhausen, Reichertshofen und Pörnbach, ein. Neben den Gegnern des Neubaugebietes waren auch die Flächeneigener vor Ort und ein produktiver Austausch entstand. Einigen konnten sich alle Beteiligten darauf, dass es sich bei der Fläche um einen „wassersensiblen“ Boden handelt und bezahlbarer Wohnraum in Reichertshofen dringend gebraucht werde.
Das Gebiet an der Neuburger Straße soll mit 23 Parzellen aus Mehr- und Einfamilienbebauung auf 2,5 Hektar überplant werden. „Mit Stellplätzen käme es hier zur maximalen Versiegelung eines Bodens, der dringend als Wasserspeicher und damit Schutz für die umliegende Bebauung benötigt wird“, kritisiert Markl. Für bezahlbares Wohnen sei der Bund Naturschutz immer, aber genau das, so Bund Naturschutz Regionalreferentin Annemarie Räder, sei auf dieser Fläche nicht machbar. „Die Kosten für die Vorbereitung der Fundamente sind zu hoch und das Risiko im Starkregen oder Hochwasserfall tragen nicht nur die zukünftigen Bewohner, sondern auch die aktuellen Anlieger“, betont Räder. Sie plädiert für Reaktivierung im Bestand und für maßvolle Verdichtung. Hierfür fehle Reichertshofen ein Konzept und auch die Fantasie, was alles möglich sei. Insgesamt, so hat die Regionalreferentin recherchiert, wurde in Reichertshofen zwischen 2015 und 2023 37,5 Hektar Fläche versiegelt. Zu viel Fläche für zu wenige Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt, meint Josef Schweigard, Verfasser der beiden Stellungnahmen des Bund Naturschutzes zur Änderung des Flächennutzungsplanes. „In meiner ersten Stellungnahme 2019 habe ich unter Vorbehalt zugestimmt, da mit dem Einheimischenmodell junge Familien unterstützt werden und ich die Hoffnung auf sozialen Wohnraum hatte. So wie sich die Kostensituation und die Planung nun gestaltet, habe ich meine Zustimmung 2021 zurückgezogen. Unter diesen Umständen und vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse ist es sozialer diese Fläche zu erhalten, wie sie ist".
Dem Vorwurf der Eigentümer die Fläche soll an das Donaumoos angeschlossen und renaturiert werden, widersprachen die Naturschützer. „Das ist nicht unser Plan, denn dafür ist die Fläche zu klein und nur mehr ein Ausläufer des Donaumooses, der seit Jahrzehnten entwässert wird“, erklärt Markl. Wasser brauche Platz, das haben auch die Anlieger in den vergangenen Wochen zu spüren bekommen. Extremer Grundwasserdruck sorgte für nasse Keller. Die Angst, dass das Wasser, egal ob es durch Absenkung und Trockenheit absinkt oder bei Starkregen gefährlich ansteigt und die Gebäude angreift sei groß. Ein Gutachten belege, dass der Grundwasserspiegel auf der Fläche bisweilen 10 cm unter der Bodenkante steht, führt einer der Anwohner auf.
Jede Versiegelung müsse heutzutage durchdacht und abgewogen werden, so die Naturschützer. „Wir müssen Boden erhalten und können uns nicht immer das Wasser gegenseitig zu schieben und jede Gemeinde muss einen Beitrag leisten und nicht weiter versiegeln und darauf bauen, dass die anderen schon Flächen zum Ausleiten finden. In Reichertshofen stand ein ganzes Gewerbegebiet unter Wasser auf dem früher Wasser zurückgehalten wurde“, betont Josef Schweigard und referenziert dabei auf den angedachten solidarischen Hochwasserschutz. Solidarischer Flächenschutz müsse als Ergänzung dazu auch mitgedacht werden, unterstützt auch Markl die Forderung. Die Naturschützer und Anwohner waren daher in diesem Punkt einer Meinung und hoffen, dass auch die Verantwortlichen umdenken.