Im zehnten Jahr der Beobachtung gehen die Malven-Langhornbienen auf Wanderschaft
Die Bienenzähler am Windsberg bei Freinhausen durften in diesem Sommer Zeugen eines kleinen Naturwunders werden. Wie der PK in den letzten Jahren regelmäßig berichtete, lebt am Windsberg eine sehr seltene Wildbiene, die Malven-Langhornbiene, kurz Malabi.
Seit 2010 wird sie von Ehrenamtlichen der Ortsgruppe Reichertshofen des Bundes Naturschutz systematisch gezählt. Deren pfiffige Idee war es, ab 2015 schon im April jeden Jahres die noch grünen Malvenpflänzchen mit Pflöcken zu markieren. So werden sie vor dem Abmähen durch Straßenbaudienste verschont. In der Folge kam es zu einer beachtilichen Vermehrung der Malven, der einzigen Nahrungspflanze der Malabi. Diese Bienchen benötigen Malven-Nektar als "Flugbenzin" und tragen an ihren Hinterbeinen Pollen als Nahrung für ihre Brut in die Niströhren im Boden. Mit dem größeren Nahrungsangebot wuchs auch die Anzahl der Malabi in fünf Jahren auf das Doppelte.
So wurden heuer 581 Bienen gezählt (zum Vergleich 2013: 200).
Mitte Julil machte einer der Zähler eine sensationelle Entdeckung: Zum ersten Mal fand er zahlreiche Malabi außerhalb des Windsbergs im Norden nahe der Staatsstraße 2048 bis hin zur nördlilchen Grenze des Landkreises Pfaffenhofen. Vermutlich wurde ihnen ihr angestammter Lebensraum am Windsberg zu eng, so dass sie sich bis zu 900 Meter davon entfernt auf Nahrungssuche begaben. Damit nicht genug, flogen einige zu einer Brache im Westen im Bereich der Oase Steinerskirchen, unweit von der dort gefassten Quelle, einem vielbesuchten Touristenziel. Das war absolut neu. Noch nie hatten die Bienenzähler, die die dort wachsenden Malven schon seit Jahren beobachten, an diesen Orten ein Exemplar dieser Bienenart gefunden.
Es ist dies ein Schullbeispiel dafür, wie der Mensch bedrohten Arten helfen kann. Verbessert er das Nahrungsangebot, können z.B. Wildbienen ihre Population innerhalb weniger Jahre vergrößern und sich, wie hier, zu neuen Brutgebieten aufmachen. Ein möglicher anderer Grund für das Auswandern könnten Nahrungskonkurrenten sein, etwa Honigbienen, die heuer ungewöhnlich zahlreich waren.
Der Bienenzähler Peter Bernhart reiste im Juli nach Sachsen-Anhalt. In Halle traf er den Insektenforscher Dr. Mark Frenzel vom Helmholtz-Institut. Frenzel zeigte ihm einen Tag lang Gebiete nördlich und südlilch der Stadt Halle, in denen seit 2010 Wildbienen gefangen und gezählt werden. Dort leben die Malabi nachweislich zwischen landwirtschaftlilchen Großschlägen auf nicht genutzten Restflächen und unter Windenergieanlagen. Während in ganz Deutschland diese Art nur inselhaft auf begrenzten Flächen überlebt, ist hier das einzige Malabi-Vorkommen mit Verbreitung über mehrere hundert Hektar.
Die Freinhausener Bienenzähler konnten zusätzlich in den Monaten Mai bis Juni zum zweiten Mal die Ochsenzungen-Sandbiene, genannt Ozubi, nachweisen, die es in Bayern wahrscheinlich nur noch am Windsberg gibt. Interessierte Naturfreunde können sich in einer neuen Broschüre "Wildbienen am Windsberg" über diese und weitere Bienenarten informieren.
Das Heft ist bei den Gemeinden oder der Unteren Naturschutz-Behörde in Pfaffenhofen, Poststraße 4, kostenlos erhältlich.